Knautien Sandbiene

Andrena hattorfiana

FABRICIUS 1775

Weibchen der Knautien Sandbiene
Weibchen der Knautien Sandbiene

Leitart und Maßnahmen:

Andrena hattorfiana ist eine Leitart für extensiv bewirtschaftetes Grünland und Weiden und kommt auf besonnten Magerstandorten mit ausreichenden Beständen an Witwenblumen (Gattung Knautia) oder Skabiosen (Gattung Scabiosa) wie z.B. der Acker-Witwenblume (Knautia arvensis), der Wald-Witwenblume (K. dipsacifolia) oder dem Tauben-Grindkraut (Scabiosa columbaria) vor. Die Knautien Sandbiene legt ihre Nester in selbstgegrabenen Erdröhren auf besonnten Standorten an. Für den Erhalt der dafür wichtigen offenen Bodenstellen oder Ruderalflächen sollte auf Düngung verzichtet und aufkommendes Gehölz entnommen werden. Bestände von Witwenblume oder Skabiosen müssen unbedingt erhalten werden. Damit die Knautien Sandbiene die Blütenstände z.B. der Acker-Witwenblume auch als Pollenquelle nutzen kann, sollte Grünland mit Beständen von z.B. K. arvensis während ihrer Blütezeit von Mai bis August nicht gemäht werden. Leider gehen die Bestände der essentiellen Pollenquellen der Knautien Sandbiene und auch extensiv bewirtschaftetes Grünland immer mehr zurück, weshalb A. hattorfiana auf der Roten Liste für Bayern (Voith et al. 2021) als gefährdet (Kategorie 3) eingestuft wird.

Schutzstatus: Aufgrund ihrer enormen ökologischen Bedeutung stehen alle einheimischen Bienenarten (Apoidea spp.) unter dem besonderen Schutz der Bundesartenschutzverordnung.

Phänologie:

Andrena hattorfiana bildet eine Generation im Jahr (univoltin). Die Weibchen sammeln den Pollen für die Verproviantierung der Larven oligolektisch ausschließlich an Kardengewächsen (Dipsacaceae), in Mitteleuropa vor allem an der Acker-Witwenblume (K. arvensis). Dem entsprechend richtet sich auch die Flugzeit der Weibchen nach der Blütezeit der Pollenquellen von Mai bis August. Die Brutzellen werden in selbstgegrabenen Erdnestern angelegt und nach der Verproviantierung mit Pollen mit einem Ei belegt und verschlossen. Als Kuckucksbiene wurde die Wespenbiene Nomada armata HERRICH-SCHÄFFER 1839 nachgewiesen.

Vorkommen und Bedeutung im LK Wunsiedel:

Im Landkreis Wunsiedel konnte A. hattorfiana an wenigen Standorten wie extensive Wiesen oder Wegränder mit Beständen der Acker-Witwenblume nachgewiesen werden. Diese kleinen Populationen können das Vorkommen der Knautien Sandbiene sichern, müssen dafür aber unbedingt erhalten werden. Wie Franzén et al. (2009) zeigten, können solche Populationen durchaus stabil sein, A. hattorfiana hat aufgrund ihrer Biologie aber auch ein hohes Risiko des Aussterbens.

Körperbau:

Die Weibchen zeigt mit einer Körperlänge von 13-16 mm eine für mitteleuropäische Wildbienen überdurchschnittliche Größe. Der Kopf und die Brust beider Geschlechter sind schwarz gefärbt und tragen eine spärlich weiße Behaarung. Auffälligstes Merkmal der Weibchen ist der oft an der Basis rot gefärbte Hinterleib, die beiden ersten Tergite tragen dann jeweils an der Seite oft einen deutlichen schwarzen Punkt. Die Hinterleibsendfranse hat eine goldgelbe Farbe. Alernativ können bei dem Weibchen auch alle Tergite mehr oder weniger schwarz sein. Die Identifizierung wird durch ihren speziellen Blütenbesuch auf Kardengewächsen erleichtert.

Literatur:

Scheuchl E & Willner W (2016) Taschenlexikon der Wildbienen Mitteleuropas, Verlag Quelle & Meyer.

Westrich P (2019) Die Wildbienen Deutschlands, Verlag Eugen Ulmer.

Bundesartenschutzverordnung (BArtSchV - Verordnung zum Schutz wild lebender Tier- und Pflanzenarten) vom 16. Februar 2005 (BGBl. I S. 258, 896), die zuletzt durch Artikel 10 des Gesetzes vom 21. Januar 2013 (BGBl. I S. 95) geändert worden ist.

https://www.gesetze-im-internet.de/bartschv_2005/BArtSchV.pdf

Franzén M et al. (2009) Small local population sizes and high habitat patch fidelity in a specialised solitary bee. J Insect Conserv 13, 89-95.

https://doi.org/10.1007/s10841-007-9123-4

Andrena hattorfiana ist eine seltene Solitärbiene, deren Bestand in den letzten Jahrzehnten in ganz Westeuropa zurückgegangen ist. Beim Sammeln von Pollen sind die Weibchen auf Pflanzen aus der Familie der Dipsacaceae spezialisiert. Kenntnisse über Verbreitung, der Ausbreitungsneigung und der lokalen Populationsgrößen ist für die erfolgreiche Erhaltung von A. hattorfiana von entscheidender Bedeutung. Bei den untersuchten Bienenpopulationen (n = 78) wurden hauptsächlich kleine Populationen gefunden. Bei 60 % wurden weniger als 10 und bei 80 % weniger als 50 Weibchen nachgewiesen. Der Median der Habitatgröße betrug 1,25 Hektar, diese Fläche beherbergte 7 Weibchen. Versuche zu Fang, Markierung und Wiederfang belegten ein sehr sesshaftes Verhalten der weiblichen Individuen. Bei den pollensammelnden Bienenweibchen betrug die durchschnittlich zurückgelegte Entfernung zwischen Pollenquelle und Nest 46 m. Die Abwanderungsrate lag bei etwa 2 %, wobei eine maximale Besiedlungsdistanz von 900 m beobachtet werden konnte. Nur 10 % der Individuen überquerten Bereiche ohne Pollenquellen innerhalb von Grünlandflächen wie unbefestigte Straßen, Steinmauern und kleine Baumbestände, selbst wenn diese Bereiche weniger als 10 m breit waren. Diese Studie zeigt, dass Solitärbienen in lokalen Populationen von extrem geringer Größe vorkommen können und dass sie ein sesshaftes Verhalten zeigen. Dies sind Merkmale, die normalerweise das Risiko des Aussterbens lokaler Populationen erhöhen.

Larsson M & Franzén M (2007) Critical resource levels of pollen for the declining bee Andrena hattorfiana (Hymenoptera, Andrenidae), Biol Conserv 134(3): 405-414.

https://doi.org/10.1016/j.biocon.2006.08.030

Die einheimische Bienenfauna erfüllt eine wichtige Funktion für das Ökosystem, doch ein großer Teil dieser Fauna ist in Europa durch den Verlust und die Fragmentierung von Lebensräumen bedroht. Die Solitärbiene Andrena hattorfiana ist auf das Sammeln von Pollen aus der Pflanzenfamilie der Dipsacaceae (Kardengewächse) spezialisiert. In Nordeuropa ist die wichtigste Pollenquelle die von Insekten bestäubte Acker-Witwenblume (Knautia arvensis). In 57 genau definierten K. arvensis-Populationen in Südschweden haben wir die verfügbare K. arvensis-Ressourcen quantifiziert, die Lebensraumeigenschaften erfasst und Untersuchungen zum Blütenbesuch durchgeführt. Es bestand ein enger Zusammenhang zwischen der Größe der Bienen- und Pflanzenpopulationen. In Populationen mit A. hattorfiana (N = 26) nutzten die weiblichen Bienen im Durchschnitt 39 % (12-80 %) der gesamten verfügbaren Pollenressourcen. Die Nestarchitektur und Nistbiologie von A. hattorfiana wird in dieser Studie zum ersten Mal beschrieben. Bei der Ausgrabung von Nestern stellten wir fest, dass für die Versorgung eines durchschnittlichen Bienennests (mit 6 Zellen) ca. 72 Blütenstände bzw. 11 Pflanzenindividuen benötigt wurden. Die Ergebnisse deuten auf eine bestimmte Mindestmenge an Pollen hin, die für eine A. hattorfiana-Population erforderlich ist. So wurde beispielsweise für eine Population von zehn sich fortpflanzenden A. hattorfiana-Weibchen mit durchschnittlichem Nutzungsgrad die kritische Ressource auf 156 ± 16 (±SF) Individuen von K. arvensis vorhergesagt, was 780 Blütenständen oder 36.731.978 Pollenkörnern entspricht. Diese Ergebnisse deuten darauf hin, dass Berechnungen anhand eines "Pollenbudgets" die kritischen Ressourcen für eine bestimmte Größe einer spezialisierten Bienenpopulation vorhersagen können und somit ein Instrument für die Erhaltung darstellen.

Oliver Kreß